Optionsscheine: Wetten auf steigende oder fallende Kurse
02.01.2024
8 Minuten Lesezeit
Das Wichtigste in Kürze:
- Optionsscheine bieten eine Hebelwirkung, da sie dem Inhaber ermöglichen, mit einem vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz eine größere Position auf dem Markt einzunehmen.
- Es gibt zwei Haupttypen von Optionsscheinen: Call-Optionsscheine und Put-Optionsscheine. Call-Optionsscheine geben dem Inhaber das Recht, den zugrunde liegenden Basiswert während der Laufzeit zu einem vorher festgelegten Preis zu kaufen. Put-Optionsscheine hingegen gewähren dem Inhaber das Recht, den Basiswert während der Laufzeit zu einem vorher festgelegten Preis zu verkaufen.
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Was sind Optionsscheine und wie funktionieren sie?
Ein Optionsschein ist ein bedingtes Termingeschäft, das das Recht – nicht die Verpflichtung – verbrieft:
- Eine bestimmte Menge
- eines bestimmten Basiswerts
- zu einem im Voraus vereinbarten Preis
- am Ende (europäische Variante) oder während (amerikanische Variante) einer festgelegten Laufzeit
- zu kaufen oder aber zu verkaufen
- beziehungsweise die Zahlung von Differenzbeträgen bei Zins- und Indexänderungen zu verlangen.
Letztlich wettest Du also auf die künftige Kursentwicklung des Basiswertes, der dem Optionsschein, auch Warrant genannt, zugrunde liegt. Tritt das Ereignis, auf das Du gewettet hast, nicht ein, wird der Optionsschein wertlos und Du verlierst das eingesetzte Kapital.
Für wen sind Optionsscheine geeignet?
Optionsscheine sind komplexe Finanzprodukte und daher eher nicht für Börsenanfängerinnen und -anfänger geeignet. Trotz hoher Gewinnchancen solltest Du nur mit ihnen handeln, wenn Du Dir sicher bist, dass Du ihre Funktionsweise verstanden hast. Und selbst, wenn das der Fall ist, ist das Risiko sehr hoch, dass Du Dein eingesetztes Kapital komplett verlierst.
Optionsscheine sind Derivate
Optionsscheine gehören zu den Derivaten, sie beziehen sich also auf einen Basiswert. Trotzdem sind sie nicht vollkommen abhängig von ihm, sondern haben eine gewisse Selbstständigkeit erlangt. Denn mit Derivaten setzt Du auf den Faktor Zeit. Das bedeutet, dass Du den Basiswert nicht direkt kaufst. Stattdessen erwirbst Du das Recht, ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu einem jetzt vereinbarten Preis zu kaufen oder zu verkaufen.
Der große Vorteil gegenüber Aktien: Du kannst nicht nur auf steigende, sondern auch auf fallende Kurse setzen. Außerdem sind Optionsscheine deutlich günstiger als Aktien und versprechen viel höhere Gewinne, selbst bei kleinerem Kapitaleinsatz. Genauso schnell kannst Du Deinen Einsatz jedoch auch wieder verlieren.
Option vs. Optionsschein: Darin liegt der Unterschied
Die Begriffe Option und Optionsschein werden häufig synonym verwendet. Dabei unterscheiden sich die beiden Finanzprodukte vor allem in einem Punkt grundlegend: Optionen haben keinen festen Emittenten. Optionsscheine werden dagegen von Banken oder Brokern herausgegeben. Das heißt, dass der Emittent den Preis des Optionsscheins bestimmt, Du also immer gegen den Emittenten handelst. Ist das herausgebende Institut insolvent, ist der Optionsschein wertlos und Du hast Dein Geld verloren. Bei Optionen besteht dieses Insolvenzrisiko nicht.
So berechnet sich der Wert von Optionsscheinen
Der Wert eines Optionsscheins ergibt sich aus zwei Komponenten: dem inneren Wert und dem Zeitwert.
Der innere Wert setzt sich zusammen aus dem Basispreis und dem Kurs des Basiswerts. Kaufst Du einen Call-Optionsschein, gilt folgende Gleichung:
Innerer Wert (Call)=(Kurs Basiswert-Basispreis):Bezugsverhältnis.
Bei einem Put-Optionsschein musst Du den Kurs des Basiswertes vom Basispreis abziehen. Der Rest bleibt gleich.
Der tatsächliche Preis eines Optionsscheins ist allerdings immer höher als der innere Wert. Das hängt mit dem Zeitwert zusammen. Er ergibt sich zum vor allem aus den Komponenten Restlaufzeit und Volatilität. Dabei gilt: Ein Optionsschein
- ist umso teurer, je höher die Marktvolatilität seines Basiswerts ist und
- verliert über seine Haltedauer immer an Wert.
Am Ende der Laufzeit wird er nur noch durch den inneren Wert bestimmt. Liegt der bei null, verlierst Du Dein gesamtes investiertes Kapital. Diese Tatsache nehmen die meisten Traderinnen und Trader übrigens zum Anlass, ihren Optionsschein nicht gegen den entsprechenden Basiswert einzutauschen, sondern ihn vor dem Fälligkeitszeitpunkt weiterzuverkaufen, das Fälligkeitsdatum also gar nicht erst abzuwarten.
Die Sache mit dem Hebel
Optionsscheine sind Hebelprodukte. Das bedeutet, dass sie eine Kursänderung des Basiswerts überproportional widerspiegeln. Steigt der Basiskurs beispielsweise um ein Prozent, kann der Wert des Optionsscheins sich je nach Bezugsverhältnis leicht vervielfachen.
Hintergrund: Optionsscheine sind auf die Kursbewegung eines bestimmten Basiswerts ausgelegt. Als Besitzer eines Optionsscheins profitierst Du erst, wenn sich der Kurs des Basiswertes in die Richtung bewegt, auf die Du zum Kaufzeitpunkt gewettet hast. Deshalb zahlst Du für den Optionsschein deutlich weniger als für den Basiswert selbst. Daraus resultiert der sogenannte Hebeleffekt.
Beispiel: Steigt der Wert einer Aktie um 20 Prozent, ergibt sich für Besitzerinnen und Besitzer dieser Aktie auch ein Gewinn von 20 Prozent. Hast Du einen Call-Optionsschein auf die Aktie gekauft, musstest Du deutlich weniger bezahlen. Für Dich sind in diesem Fall also Gewinne von mehreren 100 Prozent möglich.
Begriffe im Optionsscheinhandel, die Du kennen solltest
Wenn Du Dich mit Optionsscheinhandel befasst, stößt Du unweigerlich auf einige Fachbegriffe. Bevor Du über Deinen Broker Optionsscheine kaufst, solltest Du sie verstehen. Die wichtigsten Ausdrücke haben wir Dir hier kurz erklärt:
- Basiswert (auch Bezugswert oder Underlying genannt): Der Gegenstand, auf den sich der Optionsschein bezieht. Dabei kann es sich beispielsweise um Aktien, Indizes oder Rohstoffe handeln.
- Basispreis: Der bei Abschluss des Termingeschäfts vereinbarte Preis, zu dem der Basiswert gekauft oder verkauft werden darf.
- Laufzeit: Der Zeitraum zwischen Tag des Abschlusses und dem vorab festgelegten Tag der Abrechnung des Optionsscheines (Fälligkeitstag). Die Laufzeit ist jedoch in der Regel nicht bindend. Das heißt, Anleger können ihre Optionsscheine auch vor ihrer Fälligkeit zum aktuellen Kurs weiterveräußern.
- Put: Der Put-Optionsschein bezeichnet das Recht, den Basiswert zu verkaufen. Inhaber eines Put-Optionsscheins profitieren also von fallenden Kursen des zugrunde liegenden Basiswerts.
- Call: Der Call-Optionsschein bezeichnet das Recht, den Basiswert zu kaufen. Steigende Notierungen des jeweiligen Basiswerts wirken sich also positiv aus.
- Bezugsverhältnis: Dieses gibt an, wie viele Optionsscheine für eine Einheit des Basiswertes benötigt werden. Bei einem Bezugsverhältnis von beispielsweise 10:1 werden zehn Optionsscheine benötigt, um eine Aktie zu kaufen.
Put oder Call, traditionell, nackt oder gedeckt? Diese Arten von Optionsscheinen gibt es
Optionsscheine haben bestimmte, vordefinierte Merkmale. Von vornherein festgelegt sind der Basiswert sowie ein bestimmter Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Allerdings gibt es verschiedene Arten von Optionsscheinen. Grundsätzlich kannst Du zwischen Call- und Put-Optionsscheinen wählen; eine Ebene höher unterscheidet man außerdem traditionelle, nackte und gedeckte Optionsscheine. Sie sind entweder als reine Call- oder sowohl als Call- als auch als Put-Optionsscheine erhältlich.
Call-Optionsschein
Kaufst Du einen Call-Optionsschein, profitierst Du mit Hebelwirkung von einem steigenden Kurs des zugrundeliegenden Basiswerts.
Beispiel: Du kaufst einen Call-Optionsschein auf die Aktie X. Der Basispreis wird auf 500 Euro festgelegt, Fälligkeitstag ist der 20. Juni. Du erwirbst Dir also die Option, Aktie X am 20. Juni für 500 Euro zu kaufen. Liegt der Preis der Aktie am Stichtag tatsächlich bei 500 Euro oder mehr, bist Du „im Geld“, der innere Wert Deines Optionsscheins ist also positiv. Das bedeutet, dass Du aufgrund der Hebelwirkung nach oben hin unbegrenzt Gewinne erzielen kannst.
Dabei gilt: Je höher der Kurs der Aktie zum vereinbarten Stichtag steht, desto höher wird vermutlich auch Dein Gewinn ausfallen. Kostet die Aktie allerdings zum Ende der Laufzeit weniger als 500 Euro, bist Du „aus dem Geld“. Das heißt, Du hast Deine Wette und damit Dein eingesetztes Kapital verloren, weil der Optionsschein keinen inneren Wert mehr besitzt und damit wertlos ist.
Put-Optionsschein
Kaufst Du einen Put-Optionsschein, profitierst Du mit Hebelwirkung von einem fallenden Kurs des zugrundeliegenden Basiswerts.
Beispiel: Du kaufst einen Put-Optionsschein auf die Aktie XYZ. Der Basispreis wird auf 500 Euro festgelegt, Fälligkeitstag ist der 20. Juni. Du erwirbst Dir also die Option, Aktie XYZ am 20. Juni für 500 Euro zu verkaufen. Kostet die Aktie am Fälligkeitstag tatsächlich weniger als 500 Euro, kannst Du Dein Recht als Optionsscheininhaber ausüben und dem Emittenten die Aktie für einen höheren Preis verkaufen, als er aktuell an der Börse zu erzielen wäre. Im Gegensatz zum Call-Optionsschein ist Dein Gewinnpotenzial allerdings begrenzt: Während der Kurs des Basiswerts unbegrenzt steigen kann, kann er nicht weiter als bis auf null Euro fallen.
Dabei gilt: Je niedriger der Kurs der Aktie zum vereinbarten Stichtag steht, desto teurer kannst Du sie verkaufen und desto mehr Gewinn erzielst Du. Steht die Aktie am Laufzeitende allerdings bei 500 Euro oder mehr, hast Du Deine Wette verloren und der Optionsschein wird wertlos. Damit ist auch Dein eingesetztes Kapital futsch.
Traditionell, nackt und gedeckt
Traditionelle Optionsscheine sind grundsätzlich Call-Optionsscheine. Sie verbriefen das Recht, den Basiswert zu kaufen. In der Regel beziehen sie sich auf eine effektive Lieferung des Basiswerts. Sie werden im Rahmen einer Optionsanleihe vergeben.
Nackte Optionsscheine werden ohne gleichzeitige Ausgabe von Anleihen ausgegeben. Du kannst sie entweder als Call- oder als Put-Optionsschein erwerben. Es gibt verschiedene Varianten des nackten Optionsscheins:
- Der Zinsoptionsschein verbrieft das Recht zum Kauf oder Verkauf von Schuldverschreibungen. Falls ein bestimmter Kurs des zugrunde liegenden Basiswerts über- oder unterschritten wird, hast Du außerdem das Recht auf eine Ausgleichszahlung.
- Durch den Rohstoffoptionsschein erhältst Du als Anlegerin oder Anleger ebenfalls das Recht auf Ausgleichszahlungen. Voraussetzung ist hier, dass ein bestimmter Preis eines Rohstoffes über- oder unterschritten wird.
- Der Währungsoptionsschein verbrieft das Recht zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Betrags in einer bestimmten Währung.
Gedeckte Optionsscheine sind eine Sonderform der nackten Optionsscheine. Sie sind Aktienoptionsscheine, durch die man das Recht auf den Kauf oder Verkauf von Aktien erhält, die der Emittent, also die ausgebende Bank, entweder im eigenen Bestand hat oder sich die Lieferansprüche der Optionsscheinbesitzer durch Gegengeschäfte sichert.
So kaufst Du Optionsscheine
Um den passenden Optionsschein zu finden, solltest Du Dir zunächst Gedanken darüber machen, auf welchen Basiswert Du setzen möchtest. Er sollte Deiner Meinung nach hohes Kurspotential besitzen, sich also in naher Zukunft stark nach oben oder unten bewegen. Die erwartete Kursbewegung (nach oben: Call, nach unten: Put) entscheidet über die Art des Optionsscheins.
Außerdem musst Du Dir im Klaren darüber sein, in welchem Zeitraum Du mit der jeweiligen Kursbewegung rechnest, damit Du den Optionsschein mit der richtigen Laufzeit wählen kannst. Achte darüber hinaus auf eine möglichst geringe Volatilität des Basiswertes, denn: Je höher die Schwankungsstärke, desto teurer der Optionsschein. Tipp: Um Deine Verluste zu begrenzen, solltest Du direkt nach dem Kauf unbedingt eine Stop-Loss-Marke setzen.
Um die Funktionsweise von Optionsscheinen besser zu verstehen, kannst Du den Szenariorechner von Onvista nutzen und Dich mit den verschiedenen Komponenten und ihren Auswirkungen vertraut machen.
Den passenden Broker finden
Um mit Optionsscheinen handeln zu können, brauchst Du ein Depot bei einem Online-Broker. Nicht alle Broker bieten Dir die Möglichkeit, Optionsscheine zu handeln. Bevor Du also Dein Depot eröffnest, musst Du prüfen, ob Optionsscheine verfügbar sind.
Übrigens: Da der Handel mit Optionsscheinen ein hohes Risiko birgt und leicht zum Totalverlust Deines eingesetzten Kapitals führen kann, ist Dein Broker gesetzlich
dazu verpflichtet abzufragen, ob Du Dich mit Derivaten auskennst. Das wird in der Regel bei der Antragsstrecke zur Depoteröffnung gemacht.